Teil 1: Wie ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch schützen kann …

Von schlechten und guten Geheimnissen

Teil 1: Wie ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch schützen kann …

Von schlechten und guten Geheimnissen

Als Familientrainerin kommen viele Eltern zu mir, um sich Tipps und Tricks für die Erziehung ihrer Kinder zu holen. Die für sie wichtigsten Themen sind, wie Kinder zu selbstständigen, verantwortungsvollen Erwachsenen werden können, wie Kinder auf das „Nein“ von uns Erwachsenen hören und wie Erziehung ohne Drohen und Strafen gelingen kann. Oder auch warum Grenzen in der Erziehung wichtig sind. Beim Thema „Grenzen setzen“, die ganz wichtig bei Gefahren sind, spreche ich immer wieder die guten und schlechten Geheimnisse an.

Es gibt unterschiedliche Arten von Geheimnissen

Kinder sollen unterscheiden können, was ein gutes und was ein schlechtes Geheimnis ist. Was ist ein gutes Geheimnis? Wenn Papa mit den Kindern eine Überraschung für Mama plant, ist das ein gutes Geheimnis. Oder wenn der Bruder ein Geschenk für die kleine Schwester versteckt, auch das ist ein gutes Geheimnis. Gute Geheimnisse machen Freude.

Und ein schlechtes Geheimnis? Schlechte Geheimnisse machen Bauchschmerzen und fühlen sich schlecht an. Wenn ich beobachte, wie ein anderes Kind etwas stiehlt und mir dann droht, dass ich es für mich behalten muss. Schlechte Geheimnisse machen ein blödes Gefühl.

Für uns Eltern ist diese Unterscheidung wichtig, denn Kinder dürfen auch gute Geheimnisse vor uns haben. Diese aus unseren Kindern „herauszupressen“ wäre eine Verletzung ihrer Privatsphäre. Und doch ist es wichtig, dass unser Kind mit unangenehmen Gefühlen zu uns kommen kann, auch wenn sie verpflichtet wurden, es geheim zu halten.

Vertrauensbasis als Schutz

Dazu ist es wichtig, dass wir Eltern die Vertrauenspersonen unserer Kinder sind und dieses Vertrauen auch nicht missbrauchen (indem wir zum Beispiel Geheimnisse weitererzählen, uns über unsere Kinder lustig machen, sie zu etwas zwingen, ihnen drohen). „Kinder sollen von klein auf lernen, dass es Vertrauenspersonen gibt, die ein offenes Ohr und Zeit haben, wenn sie schlechte Erfahrungen machen“, sagt Hedwig Wölfl (Verein Möwe).

Ob sie sich nun das Knie aufgeschlagen haben oder in der Schule ausgelacht werden; egal, ob ihre Sorgen in unseren Erwachsenen-Augen klein zu sein scheinen: Bei uns Eltern dürfen die Kinder alles abladen und werden ernst genommen. Fühlen sich die Kinder mit ihren Alltagsproblemen angenommen, tun sie sich leichter, auch über Dinge zu sprechen, die sie belasten, die ihnen unangenehm oder peinlich sind. Denn sexueller Missbrauch passiert meistens im familiären Nahraum! Und da spielt die Geheimhaltung eine große Rolle. Daher vermitteln wir unseren Kindern: Zögere nicht, ein Geheimnis weiter zu erzählen, wenn es dich belastet oder du dich unwohl dabei fühlst!

Mag. Claudia Umschaden