14 Jun Tagebuch eines jungen Mädchens
Liebe aber will mehr – Ein Tagebuch
Rezension
Michel Quoist: Liebe aber will mehr. Tagebuch eines jungen Mädchens. (Originaltitel: Donner ou le journal d’Anne-Marie). Verlag Styria 1963.
Erfahrungen in ein fiktionales Tagebuch verpackt
Alt sieht es aus, abgegriffen fühlt es sich an, und es riecht sogar ein wenig verstaubt. Das Buch, das ich heute vorstellen möchte, ist leider vergriffen und scheint von außen wenig attraktiv für Jugendliche. Doch schlägt man es auf und wagt einen Blick hinein, springt einem eine quicklebendige Teenagerin entgegen, die ihre Pubertät wie jedes Mädchen durchlebt: Reibereien mit der Mutter, beste Freundinnen, mit denen es auch mal Eifersucht und Streit gibt, Veränderungen am eigenen Körper, Launenhaftigkeit, Schwärmereien… Man vergisst schnell, dass die Handlung um 1960 spielt. Der engagierte französische Priester Michel Quoist hat seine jahrelangen Erfahrungen aus der Jugendseelsorge in ein fiktionales Tagebuch verpackt, das Anne-Marie durch vier Jahre bis zur Matura begleitet.
Der erste Teil trägt den Titel „Warum antwortet ihr nicht?“, denn Anne-Marie sucht nach Instanzen, die ihr die geheimnisvollen Dinge rund um Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt erklären. Eine gute Hilfe ist dabei ihre große Freundin Nicole, die in einer anderen Stadt studiert und ihr ausführliche, verständnisvolle Briefe schreibt, die im Tagebuch eingefügt sind.
Wenn ich nur nicht so empfindlich wäre
Im zweiten Jahr versucht Anne-Marie, ihre schwankenden Gefühle in den Griff zu bekommen. Auch erste sexuelle Empfindungen treten auf und wollen eingeordnet werden. Schwärmereien und der Schulalltag beschäftigen sie. Anne-Marie lernt, sich selbst anzunehmen und wahre Freundschaften aufzubauen.
Keine echte Freundschaft ohne Bemühen
Im dritten Teil ist Anne-Marie schon deutlich gereift und geht ihrem Glauben nach. Durch Freundinnen kommt sie in Kontakt mit einem guten Priester und geht ins Jugendzentrum, wo sie auch Burschen kennenlernt. Sie bemüht sie sich, an ihrem Charakter zu arbeiten.
Wer lieben will, muss schenken können
Im Maturajahr übernimmt Anne-Marie Verantwortung in der Katholischen Aktion und begleitet selbst jüngere Mädchen in ihrer Entwicklung. Sie ist ein erwachsenes Mädchen geworden, und auch eine zarte Liebe bahnt sich an…
Mit viel Einfühlungsvermögen beschreibt Michel Quoist, was in dem heranwachsenden Mädchen vorgeht. Man gewinnt Anne-Marie sehr schnell lieb, findet sich leicht in ihr wieder und kann über sie lächeln. Spannende und lustige Momente wechseln sich ab mit Seiten, die zum Nachdenken anregen. So ist das Buch leicht zu lesen und regt zu vertiefenden Gesprächen an. Ich persönlich nehme es auch jenseits der 20 noch gerne in die Hand, weil es mich immer wieder motiviert, an mir zu arbeiten.
Die Bedeutung von Aufklärung
Im Anhang findet sich ein Wort „an die Eltern und Erzieher“, das die Bedeutung von Aufklärung betont und die Rolle des Buches – als Unterstützung, nicht als Ersatz! – erklärt. Der Autor empfiehlt, es nicht am Stück zu verschlingen, oder zumindest manche Passagen später nochmals zu lesen, da es eine Entwicklung über mehrere Jahre beschreibt. Übrigens: Nicht nur für Mädchen kann dieses Buch eine große Hilfe sein, auch heranwachsende Männer haben durch Anne-Maries Tagebuch vieles besser verstehen können. Für diese gibt es von Michel Quoist aber auch das männliche Pendant: „Zwischen 15 und der Liebe“.
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