Sexualität im Schulalltag

Sexualität im Schulalltag

Sexualität im Schulalltag

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Dieser Beitrag ist als Gastkommentar in der Printausgabe der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ vom 4.7.2019 erschienen.

Die Behandlung auch „intimer“ Fragen im Unterricht ist möglich, wenn sie als Sachfragen aufgegriffen und diskutiert werden.

Argumente, die für die Einbeziehung externer Sexualpädagogen und -pädagoginnen in schulische Sexualerziehung sprechen, scheinen plausibel. Wer wäre gegen eine „qualitätsvolle“ Sexualpädagogik, wer gegen „Kinderschutz“ oder offenes Sprechen über sexuelle Fragen, die die Jugendlichen bewegen?
Sexualaufklärung und Sexualerziehung müssen von der Grundschule an sein, will man Kinder nicht unbegleitet einer durch und durch sexualisierten Um- beziehungsweise Medienwelt mit ihren ideologischen und kommerziellen Interessen ausliefern. Aber: Brauchen Kinder dazu das, was man heute unter „sexueller Bildung“ versteht – nämlich die Anleitung zu sexuellen Erfahrungen? Spezifische Inhalte, Methoden und Ziele dieses Konzepts werden nur transparent, wenn man zugehörige Literatur und insbesondere „Praxisbücher“ aufmerksam liest. „Qualitätsvolle Sexualpädagogik“ ist eine Worthülse, hinter der sich problematische Konzepte verbergen können, die Kinder entweder restriktiv indoktrinieren oder aber vom Säuglingsalter an sexualisieren, indem sie sie zu sexuellen Aktivitäten ermuntern und in die Welt der Erwachsenensexualität hineinziehen. Was wollen externe Sexualpädagogen bei Kindern und Jugendlichen erreichen, beziehungsweise was bewirken sie faktisch? Dogmenartige Behauptungen bezüglich positiver Wirkungen von spezifisch sexualpädagogischen Methoden auf die sexuelle Biografie von Menschen sind weder empirisch noch theoretisch belegt.

 

Offenkundige Defizite

Gewisse Herangehensweisen, die dem Schutz vor Missbrauch dienen sollen, können letztendlich sogar übergriffiges Verhalten untereinander und von Erwachsenen erleichtern. Dies gilt insbesondere für ein viel zu frühes Voraussetzen einer vermeintlichen Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung, die es in gewissen Altersphasen einfach noch nicht gibt. Schulische Lernangebote unterliegen öffentlicher, fachwissenschaftlich begleiteter Kontrolle. Diesbezügliche Defizite, bezogen auf den Umgang mit Sexualität in Schule und Unterricht, sind offenkundig, rechtfertigen aber nicht das Tragen eines extern entwickelten und nur im Echoraum Gleichgesinnter evaluierten Konzeptes wie das der „sexuellen Bildung“ in die Schule.
Für einen affirmativ sexualfreundlichen Umgang mit Sexualität im Schulalltag und für kontinuierliche fächerübergreifende Aufklärung, die wissenschaftlich korrekt und lebenspraktisch relevant ist, müssen die Lehrerinnen und Lehrer vorbereitet und weitergebildet werden. Die Behandlung auch „intimer“ Fragen ist möglich, wenn diese als Sachfragen aufgegriffen und im Sinne einer „auf Sexualität bezogenen Bildung“ dargelegt und diskutiert werden, ohne dass die Schamgrenze von Kindern und Jugendlichen berührt wird und sich die Schüler durch provozierte Selbstoffenbarungen gegenseitig möglichem Spott und Mobbing aussetzen. Weitergehendes sollte Schülerinnen und Schülern, die das wünschen, mit Einverständnis der Eltern bei externen Sexualpädagogen außerhalb des Unterrichts angeboten werden.

 

Univ.-Prof. a.D. Dr. Karla Etschenberg ist Autorin des Buches „Sexualerziehung kritisch hinterfragt“, Rezension siehe hier

 

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