Ich kenn dich nicht, ich geh nicht mit

Ich kenn dich nicht, ich geh nicht mit!

Drei Geschichten, die stark machen.

„Drei Geschichten, die stark machen“ verspricht der Untertitel des Bilderbuchs, das in den letzten Wochen mein steter Begleiter beim Babysitten geworden ist. Und es hat tatsächlich Potential, die Persönlichkeit unserer Kinder zu stärken und ihr selbstbewusstes Auftreten zu fördern. Jede der drei Erzählungen in dem handlichen Taschenbuch ist von einer anderen Künstlerin illustriert, aber alle Bilder sind bunt, liebevoll und detailreich und zeichnen sich durch ausdrucksstarke Gesichter aus.

„Ich kenn dich nicht, ich geh nicht mit!“ erzählt von Charlotte und Hannah, die beim Spielen im Garten mit einem netten Mann ins Gespräch kommen, der ihnen einen Hundewelpen zeigen möchte. Als Hannah schließlich einwilligt und mitgeht, zieht er sie mit sich fort. Glücklicherweise hat eine ältere Nachbarin alles beobachtet und kann eingreifen. In einem abschließenden Gespräch arbeiten die beiden Mädchen das Erlebnis mit ihren Müttern auf.

„Ich bin stark, ich sag laut Nein!“ stellt auf jeweils zwei Doppelseiten kurze Situationen vor, in denen jemand etwas von Lea will, was sie eigentlich nicht möchte oder nicht darf: Ein Junge fordert ihren Schokoriegel, ihre Tante will  sie küssen, Papas Kollege sie auf den Schoß nehmen, eine andere Mutter am Spielplatz lädt sie zu sich ein,… Am Ende der Seite steht immer die Frage: Was soll Lea nur tun? Blättert man um, so werden drei Antwortmöglichkeiten geboten, und dann das Rätsel aufgelöst: Lea stellt sich mit beiden Füßen fest auf den Boden und sagt „Nein!“. Dabei wird trotz der selbstbewussten Antwort der Respekt den Erwachsenen gegenüber gewahrt, sodass Lea etwa ihrer Tante erklärt: „Ich hab dich lieb, Tante Maja, aber küssen mag ich dich jetzt nicht.“

„Verlauf dich nicht, Michi“ handelt von einem Kindergartenbuben, der seiner kleinen Schwester am Wochenende ganz allein den Weg zum Kindergarten zeigen möchte. Als sie den Heimweg nicht finden, sind sie verzweifelt, aber glücklicherweise findet ihre Mama sie schnell. Gemeinsam gehen sie den Weg noch einmal ab und besprechen, wie man sich Wege gut merken kann.

Die drei Geschichten, ganz besonders die zweite, bieten einen guten Ausgangspunkt für Diskussionen, denn das Kind kann sich darin wiederfinden und von eigenen Erlebnissen erzählen. Das Buch ist ab drei Jahren empfohlen; nachdem ich es an verschiedenen Kindern „ausprobiert“ habe, würde ich sagen: frühestens. Mit älteren Kindergartenkindern und Volkschülern ist es sehr spannend zu lesen – auch für die Eltern! Denn diese erfahren dabei, wie ihr Kind in solchen Dilemma-Situationen reflektiert und entscheidet, und können so sanft zu einem verantwortungsbewussten Selbstvertrauen ermutigen.

Pia Kollmann
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