Aufkärung

Aufklärung – es geht auch anders

Teenstar

Ein Programm, die Jugend für einen verantwortlichem Umgang mit der Sexualität zu gewinnen

Man kann junge Menschen durchaus für voreheliche Enthaltsamkeit und eheliche Treue gewinnen. Das beweisen die Erfolge von Teenstar, eines Programms, das Jugendlichen das wunderbare Geschehen der Fortpflanzung im menschlichen Leib und die Schönheit eines Lebens in Treue nahebringt.

Wir haben mit der Initiatorin dieser weltweit erfolgreichen Kurse gesprochen:

  • Wie sind Sie dazugekommen, sich mit der Sexualerziehung der Jugend zu beschäftigen?

Sr. Hanna Klaus: Ich bin Gynäkologin und geistliche Schwester. Sieben Jahre war ich in Pakistan tätig. Dann kam ich nach Amerika zurück. Damals, 1973, wurde die Abtreibung im ganzen Land freigegeben. Jedes Baby konnte abgetrieben werden, wenn es die Mutter so wollte. Als Professor an der Medizinischen Fakultät in St. Louis habe ich angefangen, die Leute über die Entwicklung des Babys zu unterrichten. Bald ist mir aufgefallen, dass dies nicht viel gebracht hat. Bei den unter 18jährigen Mädchen gab es 1,2 Millionen Schwangerschaften, davon ein Drittel Abtreibungen. Ich betreute eine Gruppe schwangerer Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren, war ihre Geburtshelferin. Im Gespräch mit ihnen ist mir aufgegangen, dass sie schwanger werden wollten. Sie waren über die Pille, über Kondome informiert und hätten die Pille sogar umsonst bekommen.

  • Also kein Mangel an Wissen über Verhütung?

Klaus: Nein. Es lag da ein tieferes Bedürfnis vor. Meine Kollegen sagten zwar, die Mädchen seien schrecklich unverantwortlich, aber tatsächlich war es für sie etwas ganz Tiefliegendes. Wir haben darüber nachgedacht und sind zu folgendem Ergebnis gekommen: Wenn ein Mädchen in die Pubertät eintritt, dann weiß sie, dass sie Mutter werden kann. Genau das prägt ja ihre Fraulichkeit. In der Pubertät beginnt man, seine eigene Persönlichkeit zu bilden. Und dabei ist es sehr wichtig, ob man eine Frau ist oder ein Mann. Das liegt schließlich im Zentrum des ganzen Wesens. Außerdem malt man in der Pubertät alles in schwarz und weiß. Da gibt es kein Grau. Und die ganze Welt dreht sich um mich! Wenn man den jungen Leuten dann sagt: Du bist fruchtbar, aber nimm eine Pille dagegen, denn deine Fruchtbarkeit ist unbedeutend – was werden die Mädchen verstehen? Vielleicht: meine Fruchtbarkeit ist krank, sonst würde ich doch keine Medizin benötigen. Wenn aber meine Fruchtbarkeit krank ist, bin ich selbst auch krank.

  • Heißt das, dass sich Aufklärung auf etwas anderes beziehen muss als auf die Verwendung von Empfängnisverhütung?

Klaus: Ja. Die Aufklärung muss dazu beitragen, dass der Mensch seine Sexualität integriert. Solange man seine biologische Fähigkeit, Mutter oder Vater zu werden, von der Persönlichkeit ausschließt, ist man nicht erwachsen, sondern bleibt in der Pubertät stecken. Viele Erwachsene sind daher immer noch sehr von ihren Impulsen abhängig. Und wenn man in der Pubertät stecken bleibt, bezieht sich das nicht nur auf die Biologie. Das Gehirn “bleibt auch in der Entwicklung stecken“. Schauen Sie sich um: Kein Mensch hat Geduld, niemand kann auf etwas verzichten. Man muss alles im Augenblick haben. Dadurch, dass man die Pille für alles benützen will, ist die Sofortbefriedigung zum Modell geworden.

  • Haben Sie sich also eine Methode überlegt, die anders aufklärt, als dies üblicherweise geschieht?

Klaus: Ja. Wir fangen damit an, über das Geschehen im menschlichen Körper zu informieren. Burschen und Mädchen sind getrennt, wenn es um die Fragen der Biologie geht. Eine Frau unterrichtet die Mädchen, diese lernen nämlich über das Muster ihrer Schleimaussonderungen, vor allem sie aufzuzeichnen. Die Burschen müssen einen männlichen Lehrer haben. Denn das Mannsein erlernt man besser am Beispiel als durch das Sprechen. Es ist falsch, wenn eine Frau mit einem Burschen über seine Erregungen spricht. Unser Programm ist schrittweise durch die Fragen der Jugend entstanden.

  • Wie viele Jahre Erfahrungen haben Sie nun?

Klaus: Wir haben 1980 begonnen. Die ersten Kurse fanden allerdings erst 1985 statt, als wir wussten, dass wir mit der Methode keinen Schaden anrichten. Das haben wir in einer Vorlaufphase herausgefunden. Dann sind wir von katholischen Schulen eingeladen worden. Bei den öffentlichen Schulen in den USA war die Sache sehr schwierig.

  • Wie ist es zu der heutigen weltweiten Verbreitung gekommen?

Klaus: Wir haben Programme in Korea, Uganda, Äthiopien, Nigeria, in Chile sogar in mehr als 400 Städten, in Guatemala, Ekuador, Brasilien, Argentinien, Peru, Honduras, Mexiko… Im Oktober soll das Programm bei der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz vorgestellt werden. Es verbreitet sich, weil die Wahrheit des Körpers sehr überzeugend ist. Außerdem können wir zeigen: die Hälfte bis zwei Drittel jener, die schon geschlechtlich aktiv geworden waren, hören nach unserem Kurs auf.

  • Hatten Sie viele Anfeindungen zu ertragen?

Klaus: Eigentlich ja. Von den sehr konservativen Katholiken. Sie dachten über das Thema sollte man überhaupt nichts sagen. Das geht natürlich gegen die Lehre der Kirche. Die vatikanischen Stellen haben uns daher immer sehr unterstützt. Es ist natürlich wahr, dass die Eltern die ersten Erzieher der Kinder sind. Sie sollen auch über den Unterricht der Kinder entscheiden. Aber sie sind nicht die einzigen Erzieher. Und wenn die Kinder in die Pubertät kommen, dann sagen die kirchlichen Dokumente, dass Schule und Kirche helfen sollen. Man muss schließlich bedenken, welchen Einfluss die Umwelt heute ausübt. Niemand kann sagen, dass die Kinder da unberührt bleiben. Man muss nur ins Internet schauen oder ins Kino gehen.

  • Wie sind die Langzeitwirkungen der Kurse?

Klaus: In Polen wurde untersucht, wie es drei Jahre nach dem Kurs aussieht. Da zeigte sich, dass die Rate der Enthaltsamkeit nach zwei Jahren ihr Maximum erreicht, dann auf diesem Niveau bleibt. Von unseren Schülerinnen wurde keine schwanger oder krank. In der Kontrollgruppe hingegen gab es zwei Schwangerschaften und zwei Fälle von Geschlechtskrankheiten. Als Ärztin sage ich Ihnen: Es gibt keinen billigeren Weg, diese Probleme zu vermeiden, als mit dem Geschlechtsverkehr auf die Ehe zu warten. Nur sind meine Kollegen leider noch nicht draufgekommen, dass Fruchtbarkeit keine Krankheit ist. Warum muss Fruchtbarkeit – womöglich chirurgisch – behandelt werden?

  • Warum erkennt die Medizin heute nicht, dass Enthaltsamkeit zu begünstigen, die einfachste und wirkungsvollste Lösung ist?

Klaus: Für die Verbreitung der Pille bekommen die Ärzte in einigen Ländern bezahlt. Oft ist es auch Bequemlichkeit: ein Rezept schreiben, ist rasch geschehen. In manchen Ländern bekommt man die Pille sogar ohne Rezept. Das scheint eine so einfache Lösung. Die Leute sind einfach faul…

  • Dass die Leute faul sind, versteht man ja, aber die Ärzte!

Klaus: Sie sind außerdem schlecht informiert. An der Uni lernt man über Fortpflanzung zusammen mit der Verhütung. Man lernt über die Systeme nur, um sie auszuschalten.

  • Wird der medizinische Nachwuchs also einseitig informiert?

Klaus: Ja. Das ist alles sehr kurzsichtig. Wenn keine Kinder kommen, werden auch die Ärzte keine weitere Generation zur Behandlung haben. Dann braucht man keine Kinderärzte, keine Geburtshilfe…

  • Wie kommt es zu dieser Verblendung?

Klaus: Weil da so viel Geld im Spiel ist, wird Verhütung stark beworben. Und niemand weiß daher, dass es natürliche Methoden der Empfängnisregelung gibt, die wirksam sind. Die Mehrheit meint, nur eine Handvoll Dilettanten verträten diese Methoden. Sie meinen, man stehe da immer noch auf dem Wissensstand von Ogino-Knaus. Über die neuen Methoden, vor allem mit der Schleimbeobachtung sind sie nicht informiert. Die jungen Leute sind jedenfalls für unsere Information sehr offen. Es wäre schön, wenn die Lehrer erfahren könnten, dass die natürliche Empfängnisregelung wirksam ist und auf Interesse bei der Jugend stößt. Auch wenn sie selbst nicht an die Philosophie von Teenstar glauben, sollten sie den Jugendlichen die Möglichkeit eröffnen, sich mit ihr auseinanderzusetzen und nicht die Pille als Allheilmittel darzustellen versuchen. Dasselbe gilt natürlich auch für die Eltern.

Aus: VISION 2000 Ausgabe 5/2006
Das Gespräch führten Alexa und Christof Gaspari

 

Alexa und Christof Gaspari
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